Rewel Titan Road bike sport news 09/97 | |||
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Suchen Sie ein auf ihren Körper zugeschneidertes Rennrad? Vielleicht aus Titan? Steif soll es sein, leicht und möglichst noch bezahlbar? Sie haben es soeben entdeckt! Von Tom Linthaler Wie schon beim Rewel Moutainbike (bike sport news 9 / 97) ser Fall,kann bei der Südtiroler Schmiede ausschließlich der Rahmen geordert werden, die Ausstattung anzubringen bleibt in der Regel Sache des Kunden. Das Fahrgestell wird dann allerdings nach Maß gefertigt. Ein umfangreiches Datenblatt, das per Fax oder Post ins Haus huscht, fordert vom Interessenten einen gewissen Sachverstand. Auf der verständlichen Vorlage sind entweder die eigenen Körpermaße einzutragen, woraus die Mannen um die Firmeninhaber Leo Santa und Werner Pichler dann die Geometrie berechnen, oder die gewünschte Geometrie kann selbst ins Datenblatt eingetragen werden. Verunsicherte können sich auch telefonisch die Tips der erfahrenen Bozner holen, wenn sie sich ihrer Sache nicht ganz sicher sind. Die bevorzugte Sitzposition (bequem oder supersportlich) stellt keine Konstruktionshürde dar. Sämtliche Längen und Winkelverhältnisse sind variabel, solange sie in vernünftigen Grenzen bleiben. Oberrohr, Sitzrohr, Steuerrohr, Kettenstreben sowie Sitz und Lenkwinkel (bzw. Anpassung an eine bevorzugte Gabel oder Federgabel) fließen in gewünschtem Maß in die Konstruktion ein. Die Daten werden zuerst in den Rechner eingegeben, der dann für die Rohre die Schnittlängen, -kurven und Gehrungswinkel berechnet und dem Werkstattmeister gleich eine bemaßte Zeichnung ausdruckt (die der Kunde auf Wunsch dann auch bekommt). Weiter kann man auf dem ,,Wunschzettel" auch Angaben zur Wahl der Umwerferbefestigung (Schelle oder Anlötung), Zugverlegung, Anzahl und Position der Flaschenhaltergewinde eintragen. Spezielle Extras gibt`s nach Absprache in der Regel ohne Aufpreis, denn die findigen Italiener (sprechen übrigens sehr gut deutsch) sind flexibel und experimentierfreudig. Sogar Finish und Material können gewählt werden. Entweder Edelstahl oder Titan steht zur Debatte. Poliert oder gebürstet. Wir entschieden uns für ein Titanmodell. Um Steifigkeit zu gewährleisten, müssen die Rohre recht voluminös sein, weshalb Santa/Pichler auf eigens fabriziertes Rohrmaterial zurückgreifen. Titanbleche werden gerollt und dann zu Rohren mit vergleichsweise rießigem Durchmesser verschweißt. Ober - und Unterrohr werden dann - wie bei unserem Testmodell gewünscht - ovalisiert, um noch mehr Verwindungsfreiheit zu erreichen. Die mächtigen Sitz - und Kettenstreben sind elegant, aber merklich gebogen und sollen eine gewisse Dämpfung ermöglichen. Die Kettenstreben sind weit außen am Tretlager angeschweißt. Grund: erhöhte Tretlagerstabilität und viel Reifenfreiheit. Eine eigens fabrizierte Sattelstütze-natürlich aus Titan - mit 32mm Durchmesser ist logischerweise im Lieferumfang enthalten. Fahrverhalten Ein Titanrahmen, der die Vorteile des Rahmenmaterials gut zu nutzen scheint, ohne dessen Nachteile merklich in den Vordergrund treten zu lassen. Vor allem in Kombination mit unserer leichtgewichtigen Ausstattung springt der 1480-Gramm-Rahmen förmlich die Berge hoch. Die Rohrdimensionierung erstickt dabei alle Negativerscheinungen des edlen Metalls wie starke Biegeneigung im Keim. Sicher nicht so steif wie ein Klein Quantum, aber doch deutlich über Titan-Schnitt präsentiert sich das Rewel. Sehr agiles Lenkverhalten mit der Prototypengabel. Das Aheadsystem macht sich auch am Lenker mit Steifigkeit bemerkbar und vermittelt ein sicheres Gefühl - auch in schnellen Kurven. Antritte beantwortet das Titan Road mit aprupter Beschleunigung. Angaben zur Sitzposition sind überflüssig, weil sich die ja jeder selbst ,,basteln" kann. Die phantastische Campa - Gruppe machte ihrem Namen wieder einmal alle Ehre und begeisterte durch exzellente und dauerhaft gute Schaltfunktion. Die Bremsbelag-Felgen-Kombi ist okay, auch wenn man noch Potential vermutet. Die Elektron-Laufräder neigen bei schweren, kräftigen Fahrern zur Verwindung. Kommentar Bei naher Betrachtung des Rahmens offenbaren sich zur ungleich teureren Konkurrenz doch ein paar Unterschiede in der Verarbeitung. Die technisch einwandfreien Schweißnähte werden optisch kaum nachbereitet und wirken dadurch nicht hundertprozentig makellos - was aber nur an ganz kritischen Stellen zu entdecken ist. Die Sattelstütze indes ist in puncto Neigungsverstellbereich etwas eingeschränkt, und das Anlötteil für den Umwerfer ist relativ flexibel. Alles Kleinigkeiten, auf die die sympatischen Südtiroler aber sofort reagiert und sie in der aktuellen Produktion ausgemerzt haben. Nichtsdestotrotz bekommt man mit dem Rewel einen hervorragenden, steifen Rahmen mit faszinierender Ausstrahlung auf den Körper geschnitten.
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